Stadtleben in Bamako

Manuel Müller Allgemein June 13, 2022

Hallo,

wer schon länger meine Updates liest, weiß von mir, dass das vergangene Jahrzehnt ziemlich rastlos war: Nie länger als ein Jahr am selben Ort, immer das Ziel vor Augen: Mission in Afrika.

Nun kündigt sich nach allen Wirrungen des Sprachelernens mit vielen verschiedenen Menschen an vielen verschiedenen Orten ein neuer Abschnitt an: Als Mitarbeiter in einer malischen Hilfsorganisation! Das bedeutet Tuchfühlung aufnehmen mit den Menschen der Region, in der ich in den nächsten Jahren wohl schwerpunktmäßig arbeiten werde.

Vorerst in Bamako: Strassenleben

Diesen Monat habe ich mich freiwillig entschieden, in Bamako zu verbringen, um einen geordneten Abschluss meines intensiven Sprachelernens zu verbringen. Normalerweise war ich an den Wochenenden, die ich in Bamako war, immer auf dem Sprung: die nächsten Reisen vorzubereiten, Vokabellisten einzupflegen, Freundschaften pflegen. Nun ist eher Wohnung einrichten als Packen Thema mit einem mir ungewohnten Maß an Privatsphäre.

Die Erwartungshaltung, dass Gott viele neue Missionare senden wird, will ich nicht ad acta legen. Aktuell gibt es aber ausreichend freie Wohnungen im Haus der Allianzmission, dass es absehbar ist, dass ich die Wohnung für absehbare Zeit halten werde, ein Novum im Vergleich zu meiner Zeit in Europa.

Illustrationsfoto "Aufbruch"

Gleichzeitig liegt es mir auf dem Herzen, Kultur weiter zu verstehen, eine weitere Bezugsfamilie in den Vororten Bamakos zu finden, bei denen ich Zeit verbringen kann, wenn ich an vielen Wochentagen in der Projektregion bin.

Ist es also ein neuer Aufbruch oder ein „sesshaft werden“?


Das letzte halbe Jahr habe ich fast ohne meinen Computer verbracht. Nun kündigt sich die Projektarbeit mit einem Haufen Material an, das ich für die ersten Arbeitsschritte aufarbeiten möchte. Gleichzeitig erinnere ich mich daran, dass ich 2019, während des Französischlernens in Montpellier viel zu viel Hirnschmalz mit Korrespondenzen zur Projektvorbereitung verbracht habe. Ich hatte mich damals einen Monat gezwungen nicht auf den vor mir liegenden Arbeitsberg zu schauen. Das soll mir nicht nochmal passieren! Ich möchte stattdessen im Hier und Jetzt das Maximum an Bambara auffrischen.

Gebetsveranstaltung im Stadion

Auf den Fahrten vor meiner Ausreise habe ich gerne Hörbüchern von Carl Medearis, einem inspirierenden Missionar gelauscht, wie er mit Politikern in muslimischen Ländern betet. Eine Riesengebetsveranstaltung mit 20.000 Christen in einem Fußballstadion liegt hinter uns, in der wir die Zukunft Malis in Gottes Hände gelegt haben. Es ist ein anderes Format: Machthaber akzeptieren und Gottes Handeln erbeten, das steht hierbei im Zentrum.

Im vergangenen Freundesbrief hatte ich erwähnt, dass wir eine neue Agrartechnikerin angestellt haben: Ihr Berufsstart beginnt mit einem Praktikum in der Zentrale der malischen Hilfsorganisation. Ich selbst kann dort wegen der Sicherheitslage nicht hinreisen, aber sie hat mir bereits geholfen, das Team und das Gelände per Videoanruf kennenzulernen. Wenn ihr den nächsten Rundbrief lest, hat sie wahrscheinlich schon eine Unterkunft in der Projektregion bezogen und wir haben gemeinsam mit der Kontaktaufnahme zur lokalen Bevölkerung begonnen. Beim nächsten Mal dann mehr zu ihr.

zur Linken: Der Pastor

Meinen letzten Dorfaufenthalt habe ich bei einem verrenteten Pastor in Nonkon verbracht. Früher haben Missionare bei ihm Halbjahresterms zum Sprachelernen verbracht, meine derzeit möglichen zwei Wochen-Aufenthalte sind nicht dasselbe, aber ich bin dankbar für das was realisierbar ist. Die Bibelkenntnisse des Pastors würden wahrscheinlich viele Theologen in Deutschland erblassen lassen, ich würde behaupten er kann die komplette Bibel wiedergeben. Leider ist er gerade krank und muss sich zahlreichen Untersuchungen unterziehen.

Bei einem Wochenende unseres Partnergemeindebundes habe ich im Küchenteam mitgeholfen, ein amüsanter Kontrast zur Riege der Pastoren auf ihren Ehrenplätzen, deren Gemeinschaft ich aber in den Pausen auch genossen habe. Beim Thema Heiliger Geist und Gemeindeleben konnte ich gut auftanken. Die Geistesfrüchte Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung können wir glaube ich genauso gut bei der antifranzösischen Stimmung in Mali wie in Deutschland mit Blick aufs Gemeindeleben oder die Tagespolitik gebrauchen.

Hier gehts zum Youtube-Video

Draußen kündigt sich die Regenzeit an, die Niederschläge haben früher begonnen als im vergangenen Jahr. Ein Lichtblick.

Herzliche Grüße,

euer